Für die Dezembertage und die entsprechende Adventszeit habe ich mir ein kleines Projekt überlegt. Und zwar werde ich jeden Tag ein Bild zeigen, mehrheitlich Porträts, und dazu schreiben, inwiefern mich diese Person oder dieses Bild geprägt hat. Oder eine kleine Geschichte zur Entstehung oder zu speziellen Umständen offenbaren.
Eine Person, die mich stark geprägt hat, lebt hoch oben in den Ennetbergen und schaut jetzt wahrscheinlich gerade aus dem Fenster in Richtung Glärnisch und Wiggis. Und geniesst die herrliche Aussicht. Es handelt sich um Ruästel Paul, ein Bergbauer, der sein ganzes Leben auf dem Bauernhof auf 1100 Metern über Meer verbracht hat. Ich fing ihn vor über sieben Jahren an, fotografisch zu begleiten. Mich interessierte sein Leben, seine Arbeit, seine Einstellung zu diversen Sachen. Und er war einfach ein solch netter und liebenswerter Mensch und so unglaublich fotogen, dass jeder Besuch eine riesige Freude war. Mehrere Male besuchte ich ihn mit dem Rennvelo, auf dem man in den Augen von Nichtvelofahrern und bodenständigeren Leuten ja sowieso lustig aussieht. Als ich eines Nachmittags aber bei ihm ankam und er meine Socken sah, fragte er mich, was ich denn da für Japanerhosen anhabe (sie hatten Sterne drauf). Genau für solche Aussagen und solch witzige Momente liebe ich es, Paul zu besuchen. Dieser Mann hat das ganze Leben gearbeitet, von fünf Uhr Morgens bis spät in den Abend hinein. Ich habe allergrössten Respekt vor Ruästel Paul, sei dies wegen seiner Fähigkeit, zu krampfen ohne zu murren, oder dafür, dass er diese Arbeit auch jetzt, wo er schon lange pensioniert ist, noch mit viel Leidenschaft und Freude ausübt. Bald gehe ich wieder hoch zu ihm, denn im Winter lässt er jeweils seinen Bart wachsen. Da freue ich mich jetzt schon riesig drauf!

